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Autofahrer können den Widerrufsjoker aufgrund Kaskadenverweis ziehen

Millionen Autokäufer sind vom Betrugsfall bei den Dieselabgasmanipulationen betroffen und haben vielfach Probleme, nach Jahren der Nutzung noch ihr Abgas-manipuliertes Diesel-Kraftfahrzeug zurückzugeben und ihren Schaden bezahlt zu bekommen. Es gab und gibt mittlerweile viele Musterklage-Prozesse und Einzelklagen von betroffenen Autofahrern und Verbraucherschutzverbänden. Die Rechtsprechung des BGH war aber in Teilen nicht hilfreich für bestimmte betroffene Autofahrer. Durch ein aktuelles BGH-Urteil (BGH XI ZR 525/19, Urteil v. 27.10.2020) hat der BGH aber seine Rechtsprechung revidiert und eröffnet damit eine spezielle Option für bestimmte Autofahrer, wie diese ihren Schaden geltend machen und ausgeglichen bekommen und das betroffene Fahrzeug noch nach Jahren nach dem Kauf und der erfolgten Finanzierung zurückgeben können. Dieses Urteil hilft nicht nur Diesel-Käufern, sondern unter Umständen auch Käufern von Fahrzeugen mit Benzin-Antrieb.

Fachanwalt beauftragen

Betroffene Autokäufer sollten sich wegen des komplexen Sachverhaltes auf jeden Fall an einen erfahrenen Fachanwalt wenden. In vielen Fällen trägt erfreulicherweise auch die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Rechtsvertretung und des Rechtsstreits, sodass für die klagenden Autokäufer auch kein Kosten- bzw. Prozessrisiko besteht. Voraussetzung für diese Option mit dem „Widerrufsjoker“ ist, dass das Abgas-manipulierte Fahrzeug mithilfe einer Finanzierung über einen Autokredit bezahlt wurde. Im Erfolgsfall bekommt der klagende Autokäufer seine gesamten bisher getätigten Finanzierungs-Zahlungen zurück. Im Gegenzug muss er nur das mangelhafte Auto mit der manipulierten Diesel Abgassoftware zurückgeben.

Widerruf ausüben

Um diese geänderte Rechtsprechung des BGH zu nutzen, muss der Autokäufer zunächst von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch gebracht machen und den Kreditvertrag, also die Finanzierung des Autos widerrufen. Dabei ist das Verstreichen der gesetzlichen Frist für die Ausübung des Widerrufsrecht unerheblich, wenn der Autohersteller / die Autobank vom gesetzlichen Muster der Widerrufsbelehrung inhaltlich abgewichen ist. Vor allem ist der Widerruf auch immer dann unabhängig vom Verstreichen der Widerrufsfrist möglich, wenn der vom EuGH als unzulässig, da mit dem EU-Recht unvereinbar, erklärte sogenannte „Kaskadenverweis“ in der Widerrufsbelehrung enthalten ist. Bei diesem „Kaskadenverweis“ wird das Laufen der Widerrufsfrist vom Datum des Vertragsschlusses gelöst, wenn der Kreditnehmer zu dem Zeitpunkt noch nicht alle Pflichtangaben zum Vertragsabschluss erhalten hat. Erst nach dieser Übermittlung würde die Frist beginnen. In der Sache sind von diesem unzulässigen Kaskadenverweis in Auto Finanzierungsverträgen mehrere Millionen Verträge zwischen dem 11.06.2010 sowie dem 26.03.2020 betroffen. Das Vorliegen des „Kaskadenverweises“ ist aber nur eine Bedingung, die laut BGH vorliegen muss, damit der Widerruf auch nach Ablauf der Frist noch möglich ist. Zusätzlich muss der Kreditgeber (Autobank etc.) vom gesetzlichen Muster der Widerrufsbelehrung abgewichen sein. Sollte eine Abweichung von gesetzlichen Muster vorliegen, hat die Widerrufsfrist tatsächlich nicht begonnen, abzulaufen. Beispiel sind unter anderem, dass dem Kreditnehmer nicht alle Vertragsunterlagen physisch ausgehändigt wurden oder auch unleserlich sind. Eine weitere Option ist, dass der Vertrag eine Restschuldversicherung als Vertragsbestandteil enthält, die aber tatsächlich nie abgeschlossen wurde. Auch wenn wichtige Informationen zum Vertragsverhältnis fehlen wie zum Beispiel die Höhe des Kreditzinses, ist der Vertrag unwirksam, und die Widerrufsfrist hat nicht begonnen.

In jedem Fall sollte der betroffene Autokunde sich ausführlich rechtlich beraten lassen. Nur ein Fachanwalt kann die individuelle Vertragssituation richtig beurteilen. 

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