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Mit der zunehmenden Digitalisierung, gerade auch im Zuge der Corona-Pandemie, gewinnen auch Verfahren an Bedeutung, die virtuelle Vertragsabschlüsse ermöglichen. Einen besonderen Stellenwert hat dabei die sogenannte „elektronische Signatur“. Der Name ist relativ selbsterklärend, doch die Details der Vorzüge, Anwendungsbereiche und Voraussetzungen sind nur wenigen Nicht-Juristen bekannt. Deshalb wollen wir Ihnen mit diesem Artikel die wichtigen Informationen präsentieren, um die digitale Unterschrift in Ihre Abläufe zu integrieren.

Begriffsdefinition, unterschiedliche Formen und Rechtsgrundlage

Die aktuellste Rechtsgrundlage, auf der die Bestimmungen zur elektronischen Signatur fußen, gilt auf europäischer Ebene für alle Mitgliedsstaaten: Es handelt sich um die Verordnung Nr. 910/2014, auch als eIDAS-VO bekannt. Sie gilt in ihrer ursprünglichen Form sofort für das deutsche Bundesgebiet, ohne zunächst auf nationaler Ebene ratifiziert zu werden. Das ergibt sich aus dem unionsrechtlichen Anwendungsvorrang des Art. 288 Abs. 2 S. 2 AEUV. Die deutsche Legislative hat lediglich das Vertrauensdienstegesetz (VDG) ergänzt, das seit dem 29.07.2017 die praktische Durchführung vereinfacht.

Grundsätzlich müssen drei Formen der virtuellen Unterschrift differenziert werden: die (einfache) elektronische Signatur, die fortgeschrittene elektronische Signatur und die qualifizierte elektronische Signatur. Die oben bereits angesprochene eIDAS-VO legt die Merkmale der jeweiligen Formen exakt fest.

Die „elektronische Signatur“, also die „einfachste“ der drei Formen, ist ein Datenpaket, das in elektronischer Form vorliegt und mit ebenso elektronischen Daten verbunden wird. Genutzt wird sie zum Signieren einer Willenserklärung. Definiert wird sie in Art. 3 Nr. 10 eIDAS-VO. Diese simpelste Ausprägung umfasst nach Meinung der Fachliteratur zum Beispiel eingescannte Unterschriften auf Papier (Baumgärtel / Laumen / Prütting, Handbuch der Beweislast, 4. Auflage 2019, § 126a BGB, Rn. 4).

Ebenso im Artikel 3 der eIDAS-VO, allerdings eine Nummer weiter (bei Nummer 11) wird die „fortgeschrittene elektronische Signatur“ erläutert. Darunter versteht man eine elektronische Signatur i.S.d. Nr. 10, die allerdings zusätzlich den Anforderungen des Art. 26 eIDAS-VO genügt.

Noch einen Schritt weiter geht die „qualifizierte elektronische Signatur“ nach Art. 3 Nr. 12,15 und 23 eIDAS-VO: Sie ist eine fortgeschrittene elektronische Signatur, die aber zum einen von einer entsprechend qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit geschaffen wurde und zum anderen auf einem qualifizierten Zertifikat für diesen Vorgang basiert.

Folgen für arbeitsrechtliche Verträge

Verträge im Arbeitsrecht können nach dem Grundsatz der Formfreiheit gestaltet werden – das bedeutet, dass die Willenserklärungen, die für den Abschluss nötig sind, nicht an eine bestimmte Form gebunden sind. Es ist also nicht einmal zwangsläufig eine schriftliche Form nötig, eine mündliche Erklärung oder gar nur konkludentes, d.h. schlüssiges Verhalten reichen aus. Einseitige Anträge oder Erklärungen sind ebenso ohne die Einhaltung einer strengen Form gültig und bindend.

Somit genügt für die meisten Verträge im Arbeitsrecht schon die „einfache“ Form der elektronischen Signatur, um sie wirksam und verbindlich abzuschließen. In diesen Fällen ist also zum Beispiel auch eine gescannte Papier-Unterschrift vollkommen ausreichend. Es gibt allerdings einige Ausnahmen, bei denen diese vergleichbar einfach realisierbare Form nicht anerkannt wird.

Das ist der Fall, wenn im Gesetz die Schriftform gefordert wird, also eine tatsächliche eigenhändige Signatur. Diese kann nur durch die höchste Stufe der virtuellen Unterschriften, die qualifizierte elektronische Signatur, vertreten werden (§ 126 Abs. 3 BGB). Voraussetzung ist nämlich dann das Vorliegen einer elektronischen Form (§ 126a Abs. 1 BGB) und die gesetzlichen Bedingungen hierfür erfüllt nur ebendiese qualifizierte elektronische Signatur.

In manchen Fällen kann die eigenhändige Unterschrift nicht einmal durch die elektronische Form ersetzt werden. Das kommt vor, wenn das Gesetz sie explizit ausschließt (§ 126 Abs. 3 HS BGB). Bei speziellen Vertragsformen sollte also vorher geprüft werden, ob das entsprechende Gesetz für die abzugebende Erklärung eines oder mehrerer Beteiligter die elektronische Form ausschließt und nur die schriftliche Form zulässt.

Für diese Spezialregelungen finden sich im Individualarbeitsrecht durchaus einige Beispiele. So etwa

  • Kündigungen und Aufhebungsverträge, die unter § 623 BGB fallen und somit zwangsläufig der Schriftform bedürfen (BGBl I, S. 1542),
  • die Zeugniserteilung nach §109 Abs. 3 GewO, § 630 S. 3 BGB und § 16 Abs. 1 S. 2 BBiG und
  • der Nachweis der wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen nach § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG; § 11 Abs. 1 S. 1 BBiG und § 11 Abs. 1 S. 1 AÜG iVm. § 2 Abs. 1 S.3 NachwG.

§ 2 Abs. 1 S. 1 NachwG verpflichtet Arbeitsgeber dazu, bis spätestens einen Monat nach dem festgelegten Arbeitsbeginn die vereinbarten Bedingungen des Arbeitsvertrags festzuschreiben und dem Arbeitsnehmer signiert zu übergeben. Das sorgt teilweise für Folgeprobleme.

§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG verlangt explizit die schriftliche Form und schließt die elektronische Form aus, sie genügt also eindeutig nicht. Der Nachweis ist in der Regel nicht nötig, wenn ein Arbeitsvertrag bereits in schriftlicher Form vorliegt. Bei einem elektronisch geschlossenen Vertrag ist weiterhin ein Nachweis nötig.

Sinn des vorgeschriebenen Nachweis ist der Schutz der Arbeitnehmers: Er soll transparent über alle Vertragskonditionen informiert werden. Die praktischen Konsequenzen bei Nichterbringen des Nachweis sind allerdings gering, das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen und auch theoretisch mögliche Schadensersatzansprüche sind eher nicht relevant.

Viel problematischer sind die Konsequenzen allerdings bei der Befristungsabrede und der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nach NachwG. Dann droht das ganze Vertragsverhältnis nach § 125 BGB nichtig zu werden. Hier sollten Vertragsparteien besonders vorsichtig sein: Eine Befristungsvereinbarung, die elektronisch nach § 126a BGB getroffen wird, ist zwar denkbar, da diese Form in § 14 Abs. 4 TzBfG nicht explizit ausgeschlossen wird, doch in der Literatur finden sich auch andere Standpunkte. Dabei beziehen sich Autoren auf § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 NachwG und vertreten eine Verpflichtung zur schriftlichen Form. Folgen die Gerichte im Ernstfall dieser Argumentation, wird das Arbeitsverhältnis eventuell zu einem unbefristeten erklärt.

Die gleiche Problematik gilt für Vereinbarungen über nachvertragliche Wettbewerbsverbote, die nach 74 Abs. 1 HGB zwar die schriftliche Form benötigen, aber auch die elektronische Form nicht eindeutig verbieten. Die Meinungen scheiden sich hier, ob die elektronische Signatur ausreichend ist, um den Vertrag rechtsgültig abzuschließen.

Fazit

Prinzipiell ist die Digitalisierung eine sinnvolle, zeitsparende und positive Entwicklung und so sollten die Innovationen der digitalen Signaturen durchaus in der praktischen Welt ihre Anwendung finden. Nichtsdestotrotz gibt es einige fragliche Streitfälle, über die sich das Gesetz ausschweigt und keine ausreichende Rechtssicherheit über die Zulässigkeit der neuen Verfahren besteht. Bei diesen Fällen sollte man weiter auf die klassische händische Signatur setzen und höchstrichterliche Entscheidungen abwarten, die Klarheit bringen.

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