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Die Thematik der Arzthaftung kommt nicht erst bei dem eigentlichen Gerichtsverfahren zum Tragen. Dieses komplexe Verfahren beginnt lange vor dem eigentlichen Prozess, da viele individuelle Faktoren beachtet werden müssen.

Ein praktizierender Arzt ist grundsätzlich zur fachgerechten Patientenbehandlung verpflichtet, aber in der Praxis kommen immer mehr kritische Stimmen auf, die Leistungen hinterfragen und Behandlungsfehler aufzeigen wollen. Behandelnde Ärzte sind bei diesem Prozess überwiegend versichert, aber das eigentliche Verfahren kann für den Betroffenen einen langwierigen Weg darstellen, der auch kräftezehrend sein kann.

Die Kernfrage des eigentlichen Verfahrens ist, ob der Patient von dem zuständigen Arzt fachgerecht behandelt worden ist. Grundsätzlich ist bei dieser Einschätzung der fachärztliche Standard ausschlaggebend. Abweichend müssen individuelle Absprachen schriftlich fixiert werden. Eine signifikante Rolle spielt bei jeder Behandlung die vollumfängliche Patientenaufklärung dar, die über etwaige Risiken aufklärt und eine erforderliche Sicherungsaufklärung oder therapeutische Aufklärung beinhaltet. Durch diese Informationsgespräche soll das Verhalten nach dem Eingriff vermittelt werden, um den Behandlungserfolg nicht zu gefährden.

Was muss der Patient in einem Verfahren beachten?

Stellt der Patient nach einer Behandlung fest, dass wahrscheinlich ein Behandlungsfehler vorliegt, wird er den verantwortlichen Arzt kontaktieren und eine Anerkennung der Haftung einfordern. Schmerzensgeld oder Schadensersatz kann auch hier direkt zur Sprache gebracht werden.

Wie ist die weitere Vorgehensweise des Behandelnden und der Versicherung?

Der betroffene Arzt sollte seine Haftpflichtversicherung unverzüglich kontaktieren, da dies meistens eine Grundlage des abgeschlossenen Vertrages darstellt. Die Haftpflichtversicherung wird sich jetzt mit dem Patienten abstimmen und sich über die Forderung zu besprechen. In den meisten Fällen wird hier auch der Arzt um eine Stellungnahme gebeten, um seine Sichtweise und seine medizinische Expertise einfließen zu lassen. Sieht die Versicherung den Vorwurf des Patienten als gerechtfertigt an, so wird versucht den Schaden im gegenseitigen Einvernehmen zu regulieren. Wird der mutmaßliche Behandlungsfehler nicht anerkannt, wird die Versicherung eine Haftung ablehnen und den Vorwurf zurückweisen.

Welche Möglichkeiten hat der betroffene Patient?

Der Patient ist grundsätzlich abgesichert und hat somit die Möglichkeit ein kostenfreies Gutachten bei den Schlichtungsstellen oder einer Gutachterkommission einzufordern und zu beantragen. Dieser Verfahrensweg ist freiwillig und somit kann ein Verfahren nur mit der Zustimmung des betroffenen Patienten eingeleitet werden. Ohne diese Zustimmung wird der Patient an das gerichtliche Verfahren verwiesen. In manchen Fällen kann auch der Medizinische Dienst der verantwortlichen Krankenkassen ein Gutachten erstellen und als Grundlage anbieten. Liegt der Streitwert bei über 5.000 Euro, bietet sich der Weg zum Landgericht an, da es hier spezielle Kammern gibt, die auf Arzthaftpflichtfragen eingerichtet sind und eine derartige Expertise vorweisen können. In diesem Fall wird die Klage formell eingereicht.

Gerichtsfristen für den behandelnden Arzt

Beim Gerichtsgang ist zu beachten, dass zwingende Fristen einzuhalten sind. Bei einem schriftlichen Vorverfahren muss der behandelnde Arzt seine Verteidigungsbereitschaft anzeigen. In dieser Art von Verfahren besteht zudem eine Anwaltspflicht und ohne diesen ist der Behandelnde nicht handlungsfähig. Die Einhaltung dieser Frist ist deswegen wichtig, da sonst Rechtsnachteile drohen, die auch in einem Versäumnisurteil enden können.

Das weitere Vorgehen vor Gericht

Im eigentlichen Verfahren wird der Arzt von seinem Rechtsanwalt vertreten. Die Rolle des Arztes beschränkt sich auf seine medizinische Sichtweise und den Behandlungsablauf. Nach dem gegenseitigen Austausch der Schriftsätze wird der Gegenstand des Verfahrens verdeutlicht. Durch einen Sachverständigen werden nun Fragen des Gerichts bewertet, welche ihm das Gericht vorgelegt hat. Jetzt hat der Rechtsanwalt die Gelegenheit Ergänzungen einzubringen, seine Stellung zu verdeutlichen und den Sachverständigen zu befragen. Grundlage eines jeden Verfahrens ist eine aktive Kommunikation zwischen dem Arzt und seinem Rechtsanwalt. Werden von einem Gutachter Behandlungsfehler angemerkt, die einem Behandelnden in der Praxisausübung nicht unterlaufen dürfen, so ist dies juristisch als grober Behandlungsfehler zu definieren. Hier obliegt dem Arzt zu beweisen, dass ein Zusammenhang zwischen der Behandlung und dem aufgetretenen Fehler eher unwahrscheinlich oder unmöglich ist.

Die Verhandlung wird mündlich geführt und oftmals werden zwischen beiden Parteien Vergleiche geschlossen und somit das Verfahren für beendet erklärt. Können sich beide Fronten nicht einigen, wird das Gericht ein Urteil erlassen. Hier gibt es die Möglichkeiten, dass die Klage abgewiesen wird oder der behandelnde Arzt verurteilt wird. Wird der Arzt verurteilt, wird ein Schmerzensgeld und Schadensersatz bestimmt. Gegen das Urteil kann der Arzt Rechtsmittel einlegen und bei einer nächst höheren Instanz in die Berufung gehen.

Das Arztverhalten nach einem Behandlungsfehlervorwurf

Ein Fehlervorwurf ist für jeden Arzt ein unangenehmer Zustand, da dieser mit einer Infragestellung der fachlichen Behandlung einhergeht. Wird dem Arzt ein Behandlungsfehler vorgeworfen, sollte der Arzt erst das Gespräch mit dem Patienten suchen. Gleichzeitig sollten alle verfügbaren Behandlungsunterlagen studiert werden und eine Kopie und ein Backup angefertigt werden. Diese Eigensicherung ist notwendig, da vor Gericht die Original-Unterlagen verwendet werden. Der behandelnde Arzt sollte sich mit dem Fehlervorwurf intensiv auseinandersetzten und mögliche Zusammenhänge erkennen oder ausschließen. Vertragsgemäß muss die zuständige Haftpflichtversicherung schnellstmöglich in Kenntnis gesetzt werden. Durch eine außergerichtliche Einigung kann das Verfahren beendet werden, aber wird diese Möglichkeit nicht genutzt, oder kommt zu keinem Ergebnis, ist es wahrscheinlich, dass eine Klage eingereicht wird. Sollte der betroffene Arzt noch keinen Rechtsanwalt mit dem Fall betraut haben, so muss er zwingend auf die Fristsetzung der Bestellung eines rechtlichen Vertreters achten. Diese Frist beläuft sich auf zwei Wochen nach Klageeingang. Innerhalb dieser Frist muss gleichwohl die Haftpflichtversicherung von der Klageeinreichung informiert werden.

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