Mit seinem Beschluss vom 09.03.21 unter dem Aktenzeichen VI ZR 889/20 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) zum Software-Update, das der Autohersteller Volkswagen bei Millionen seiner Dieselfahrzeuge mit EA189 Motor hat aufspielen lassen müssen. Einen Schadensersatzanspruch verneinte das Gericht.
Geklagt hatte der Käufer eines gebrauchten Diesel-VW Tiguan 2.0 TDI. Der Motor seines Fahrzeuges war mit Software versehen, die bewirkt, dass auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte als im normalen Betrieb gemessen werden. Die durch die Euro 5-Norm festgelegten Stickoxidgrenzwerte wurden also nur auf dem Prüfstand nicht überschritten. Vor dem Kauf hatte die Beklagte die Öffentlichkeit über Fehler der Software informiert. Sie arbeite daran, die Abweichungen zwischen den Prüfstandswerten und den realen Werten zu beseitigen. Hierzu arbeite sie mit dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) zusammen. Dieses verpflichtete die Beklagte, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge wiederherzustellen. Daraufhin stellte die Beklagte für die betroffenen Fahrzeuge ein Software-Update bereit. Auch beim Fahrzeug des Klägers wurde ein solches aufgespielt.
Nach Ansicht des Klägers sei nunmehr ein unzulässiges „Thermofenster“ installiert worden. Das Update habe zudem negative Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauch und Verschleiß des Wagens. Er begehrt von der Beklagten Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges. Nachdem seine Klage ohne Erfolg geblieben war, legte er gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein.
BGH lehnt Schadensersatz ab
Der BGH wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Das Berufungsgericht habe einen Schadensersatzanspruch aus den §§ 826, 31 BGB zu Recht verneint, da das Verhalten der Beklagten nicht als sittenwidrig eingestuft werden könne. Die Beklagte habe ihr Verhalten für die Öffentlichkeit erkennbar geändert. Daher könne der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht mehr aufrechterhalten werden. Dies gelte auch dann, wenn es zutreffen sollte, dass mit dem Software-Update eine unzulässige Abschaltvorrichtung in Gestalt eines Thermofensters installiert worden sein sollte, welche die Abgasrückführung bei Temperaturen von unter 15 Grad und über 33 Grad deutlich reduziert.
Thermofenster nicht vergleichbar mit Prüfstanderkennungssoftware
Die Implementierung eines Thermofensters sei nicht einer Prüfstanderkennungssoftware zu vergleichen. Während letztere auf arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörde abziele und einer arglistigen Täuschung der Verbraucher gleichstehe, sei der Einsatz eines Thermofensters nicht durch Arglist geprägt. Denn dieser führe nicht dazu, dass zwischen Prüfbetrieb und Fahrbetrieb unterschieden werde und bei erkanntem Prüfbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung stattfinde. Ein Thermofenster funktioniere in beiden Situationen gleich.
Keine besondere Verwerflichkeit
Allein für sich betrachtet, komme dem Einsatz eines Thermofensters also keine besondere Verwerflichkeit zu. Dies sei nur dann der Fall, wenn weitere Umstände hinzuträten, welche das Verhalten der Beklagten besonders verwerflich anzusehen sei. Voraussetzung dafür sei, dass die Beklagte bei der Verwendung des Thermofensters im Bewusstsein handelte, eine unzulässige Einrichtung zu verwenden. Dafür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte. Auswirkungen auf Verschleiß und Benzinverbrauch begründen keine arglistige Täuschung. Insbesondere sei nicht dargetan worden, dass die Beklagte das Kraftfahrtbundesamt im Zusammenhang mit dem Software-Update arglistig getäuscht habe.