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Auch die Deutschen, die im Gegensatz zu den Bürgern anderer Staaten häufig extrem skeptisch an Darlehen herangehen, sind langsam auf den Geschmack gekommen – die Rede ist von Ratenkrediten. Diese sind oft ein nützliches Werkzeug, um sich einen materiellen Wunsch sofort erfüllen zu können, ohne das dafür nötige Kapital erst mühsam angespart zu haben. Das Verwendungsspektrum ist breit: Egal ob ein Auto, ein lang angehimmelter Urlaub, neue Möbel oder einfach eine Finanzspritze für Konsum hier und da, für jeden Zweck werden von Banken Darlehen angeboten.

Nach Aufnahme des Kredites kommt es jedoch nicht selten vor, dass der Darlehensnehmer durch einen glücklichen Zufall, etwa einem Geldgewinn oder einer Erbschaft, zu einer größeren Summe Geld kommt, die den Kredit sofort abdecken könnte. Eine vorzeitige Kündigung ist prinzipiell auch möglich, es gilt allerdings einiges zu beachten. So kann in der Regel eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung berechnet werden, doch diese kann in einigen Fällen durch einen Widerruf umgangen werden, der durch eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Vertrag ermöglicht wird. Achtung: Die Banken kennen diese Kniffe natürlich und wehren sich mit aller Kraft dagegen!

Sondertilgung leisten oder in normalen Raten abzahlen?

Zunächst stellt sich die Frage, wann es sich überhaupt konkret lohnt, einen Kredit vorzeitig abzubezahlen und so die monatlichen Tilgungen und anfallende Sollzinsen zu einem Ende zu bringen.

Zahlungen, die zusätzlich zu den festen Raten geleistet werden, werden Sondertilgungen genannt. Auf diesem Weg kann ein größerer Anteil des ausstehenden Betrags abgegolten werden oder gar die komplette Restschuld. Möglich ist dies bei Kreditverträgen, deren Abschlussdatum nach dem 10. Juli 2010 liegt – an diesem Tag trat die deutsche Umsetzung der europäischen Verbraucherrichtlinie in Kraft.

Warum eine Sondertilgung sinnvoll sein kann, liegt auf der Hand: Zinsen, die ansonsten fällig geworden wären, können so gänzlich vermieden werden und somit ersparen sich Darlehensnehmer bares Geld. Am meisten lohnt sich natürlich die komplette Ablösung des Kredits, was besonders bei größeren Erbschaften oder der Ausbezahlung von Investitionen durchaus nicht unrealistisch ist.

Die entgangenen Einnahmen aus Zinsen lassen sich die kreditvergebenden Institute allerdings auf anderem Wege entschädigen. Banken haben das Recht, eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung zu stellen, um so die Ersparnis der Zinszahlungen zu kompensieren. Neben diesem Posten sollten in eine Kosten-Nutzen-Rechnung allerdings auch Zinserträge einberechnet werden, die dem Darlehensnehmer selbst entgehen, schließlich könnte er sein Kapital auch zunächst anlegen und den Kredit regulär abbezahlen. Sind die entstandene Verluste durch verlorene Zinsen und die Vorfälligkeitsentschädigung kleiner als die Kosten, die bei einer regulären Rückzahlung des Darlehens anfallen würden, lohnt sich eine Teil- oder gar Komplettrückzahlung für den Verbraucher natürlich trotzdem.

Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung: So wird sie gemacht

Um sich informiert für oder gegen eine Sondertilgung entscheiden zu können, ist es zunächst wichtig, die genaue Höhe der Vorfälligkeitsentscheidung zu kennen. Für Kreditverträge, die seit dem 10. Juni 2010 abgeschlossen wurden, gibt das Gesetz dafür eine Regelung vor: In § 502 Abs. 1 BGB ist festgeschrieben, dass die Summe höchstens ein Prozent der Restschuld betragen darf. Diese Vorschrift gilt allerdings nur für Kredite, die noch länger als zwölf Monate laufen.

Ist die Restlaufzeit kürzer, schrumpft das Maximum auf 0,5 Prozent der ausstehenden Summe. Ist dieser Prozentsatz anwendbar, ist eine Sondertilgung für Kunden nahezu immer die günstigere Alternative – selbst wenn entgangene Investitionseinnahmen einberechnet werden!

Gerade in der aktuellen Null-Zins-Phase sollten die entgangenen Zinseinnahmen der Verbraucher realistisch betrachtet werden. Sichere Produkte wie das Festgeld oder Tagesgeldkonten werden kaum verzinst. Wird das Geld hingegen in Anleihen, Aktien oder gar hochriskante derivative Anlageformen wie Optionsscheine oder Zertifikate investiert, sieht es anders aus: Die Rendite ist in diesem Fall sicher häufig höher, das angelegte Kapital ist allerdings auch nicht vor Totalverlusten geschützt und so sind die Erträge nur schwer planbar.

Auf ältere Darlehen sind die Regelungen der EU-Richtlinie nicht anwendbar. Hier ist lediglich eine Kündigungsfrist von drei Monaten einzuhalten. Die Höhe oder Zulässigkeit eines Vorfälligkeitsentgelt wird im Gesetz nicht spezifiziert – es kommt auf die individuell vereinbarten Vertragsbedingungen an.

Einen Spezialfall stellen auch Baufinanzierungsdarlehen dar. Sie sind durch ein Grundpfandrecht abgesichert und werden somit in anderen Gesetzen als die Ratenkredite behandelt. Die Vorfälligkeitsentschädigung wird weniger transparent errechnet und fällt so häufig schwerer ins Gewicht als beim Ratenkredit. Sie dient als Kompensation dafür, dass die Bank ihr Geld zu einem niedrigeren Zinssatz anlegen konnte, als beim Darlehen vereinbart war. Es kommt also zu großen Teilen auf den Zinssatz der Ersatzanlage an, den die Bank angibt.

Um die Angabe von unrealistisch niedrigen Ersatzzinsen zu vermeiden, wurde höchstrichterlich festgelegt, dass für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung die Rendite für Pfandbriefe als Grundlage heranzuziehen ist. Banken versuchen die Entschädigung nicht nur durch die Angabe von niedrigen Zinsen in die Höhe zu treiben, sondern auch durch Nichtbeachtung von in Zukunft möglichen Sondertilgungen oder eingesparte Verwaltungskosten.

Widerruf: Der kostensparende Umweg?

Neben der Sondertilgung gibt es noch einen weiteren Weg, um einen Kreditvertrag vorzeitig zu beenden: Durch einen Widerruf kann die Vorfälligkeitsentschädigung umgangen werden. Für einen Widerruf gibt es prinzipiell keine Frist, die eingehalten werden muss, zumindest nicht wenn er auf eine fehlerhaften Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag fußt. Dieser Fall kam in der Vergangenheit schon öfter vor. Die Folge: Die Widerrufsfrist startete ohne Korrektur gar nicht erst. Im Extremfall kann der Vertrag also gar noch widerrufen werden, wenn der Kredit schon abbezahlt worden ist.

Besonders lohnenswert ist die Variante, wenn mit dem Darlehen eine kostspielige Restschuldversicherung einhergeht. Diese soll Darlehensnehmer vor Situationen schützen, in denen diese unverschuldet nicht mehr selbst für die Tilgungszahlungen aufkommen können, also beispielsweise im Falle eine Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder gar dem Tod. Die Beiträge für eine derartige Police sind allerdings häufig sehr hoch und so kann ein Widerruf, gerade bei einem relativ hohen Schuldbetrag, eine Ersparnis von mehreren tausend Euro bedeuten.

Der Abschluss einer derartigen Versicherung ist nicht selten eine Bedingung für die Gewährung eines Darlehens: Banken möchten sich so vor Zahlungsausfällen und empfindlichen Verlusten schützen. Für den Verbraucher verursacht diese Haltung teils hohe Kosten, die neben den normalen Darlehenszinsen geleistet werden müssen. Bearbeitungsgebühren und die Versicherungsprämie erhöhen die Gesamtkosten merklich.

Ein Widerruf und somit eine Rückabwicklung des Kreditvertrags, der ohne eine Entschädigung für die Banken ausgeht, bedeutet für diese natürlich Kosten und vergebliche Aufwendungen. Kein Wunder also, dass Neuverträge sehr gründlich juristisch überprüft werden und man sich auch gegen Ansprüche von Altkunden mit allen rechtlichen Mitteln wehrt. Sollten Sie also diesen Weg anstatt einer Sondertilgung einschlagen wollen, sollten Sie unbedingt die Beratung eines versierten Fachanwalts in Anspruch nehmen, der die Chancen auf einen zufriedenstellenden Verfahrensausgang deutlich steigern kann.

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